Eigenbedarf auch bei Umbau: Wann Vermieter die Mietwohnung für sich beanspruchen dürfen
Worum ging’s?
Eine Mieterin wohnte seit vielen Jahren in einer Zweizimmerwohnung. Ihr Vermieter bewohnte die Wohnung direkt darüber und besaß zusätzlich das unausgebaute Dachgeschoss. Er wollte das Dachgeschoss zu Wohnraum ausbauen und mit seiner eigenen Wohnung verbinden. Für die mehrmonatige Umbauzeit würde seine Wohnung unbewohnbar werden. Deshalb kündigte er seiner Mieterin wegen Eigenbedarfs: Er wolle während der Bauarbeiten in ihre Wohnung ziehen und danach seine – mit dem Dachgeschoss verbundene – Wohnung verkaufen.
Die Mieterin wehrte sich gegen die Kündigung. Das Amtsgericht gab dem Vermieter zunächst Recht, das Landgericht sah es anders – es hielt die Kündigung für unzulässig. Der Fall landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof.
Was hat das Gericht entschieden?
Der BGH (Urteil vom 10.07.2024 – VIII ZR 229/22) gab dem Vermieter Recht und stellte klar:
Auch wer eine Wohnung zeitweise für sich benötigt, kann eine Eigenbedarfskündigung aussprechen. Entscheidend ist, dass der Wunsch zur Selbstnutzung ernsthaft und nachvollziehbar ist.
Das Gericht betonte, dass es nicht darauf ankommt, ob der Vermieter den Bedarf „selbst verursacht“ hat – etwa durch Umbaupläne oder den beabsichtigten Verkauf seiner eigenen Wohnung. Wichtig ist allein, dass er vernünftige Gründe hat, die vermietete Wohnung selbst zu nutzen.
Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, es handle sich um eine sogenannte „Verwertungskündigung“, bei der ein Vermieter kündigt, um die Wohnung besser zu verkaufen. Denn der Vermieter wollte hier nicht die Mietwohnung verkaufen, sondern die von ihm bewohnte – und dafür zeitweise in die vermietete Wohnung einziehen.
Was bedeutet das für Mieter:
Auch wenn man lange in einer Wohnung lebt, kann der Vermieter kündigen, wenn er sie selbst bewohnen möchte – sogar nur vorübergehend, etwa während eines Umbaus. Gerichte prüfen aber genau, ob der angegebene Eigenbedarf ehrlich und begründet ist. Mieter sollten sich in solchen Fällen beraten lassen und prüfen, ob ein Härtefall vorliegt (z. B. Alter, Krankheit, Schulpflicht der Kinder), der den Auszug unzumutbar macht.
Was bedeutet das für Vermieter:
Eine Eigenbedarfskündigung ist auch dann möglich, wenn der Vermieter die Wohnung nur vorübergehend benötigt oder seinen Bedarf durch eigene Entscheidungen selbst herbeiführt. Wichtig ist, dass der Nutzungswunsch glaubhaft, nachvollziehbar und ernsthaft ist.
Gerichte dürfen nicht ihre eigene Vorstellung von „angemessenem Wohnen“ an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters setzen. Vermieter sollten ihren Eigenbedarf im Kündigungsschreiben klar begründen und die persönlichen Beweggründe nachvollziehbar darstellen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.