AG Hanau: Ein einmal festgelegter Verteilungsschlüssel für Betriebskosten bleibt verbindlich

Worum ging’s?
Ein Vermieter verlangte vom Mieter Nachzahlungen aus Betriebskostenabrechnungen. Im Mietvertrag war kein konkreter Verteilungsschlüssel vereinbart, sondern nur geregelt, dass der Vermieter einen geeigneten, nach billigem Ermessen bestimmten Umlageschlüssel festlegen könne und diesen „bei sachlichem Grund“ zu Beginn eines neuen Abrechnungszeitraums ändern dürfe.

In den ersten Jahren rechnete der Vermieter die „kalten Betriebskosten“ (z. B. Müllabfuhr, Grundsteuer, Allgemeinstrom) nach Personenzahl ab. In den nun streitigen Abrechnungen wechselte er jedoch teilweise zur Abrechnung nach Wohnfläche.
Der Mieter hielt diese Änderung für unzulässig, korrigierte die Abrechnung selbst nach dem bisherigen Personenschlüssel und zahlte nur den sich danach ergebenden Betrag.

Was hat das Gericht entschieden?
Das Amtsgericht Hanau (Urteil vom 24.07.2025 – 32 C 16/25) gab dem Mieter recht.

Der Vermieter konnte den einmal gewählten Umlageschlüssel nicht einseitig ändern. Der Mietvertrag enthielt zwar keine ausdrückliche Vereinbarung, aber die Klausel verlieh dem Vermieter lediglich ein einmaliges Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315 ff. BGB, das er mit der ersten Abrechnung ausgeübt hatte. Damit wurde der verwendete Personenschlüssel vertraglich bindend.

Die vom Vermieter angeführte Vertragsklausel, die ihm eine spätere Änderung „bei sachlichem Grund“ erlauben sollte, sei insgesamt unwirksam, weil sie auch die Heiz- und Warmwasserkosten erfasste. Da deren Umlage zwingend nach der Heizkostenverordnung (§§ 7, 8 HeizKV) erfolgen muss und hiervon nicht abgewichen werden darf, sei die Klausel unteilbar und daher insgesamt nichtig.

Auch eine Anpassung nach § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) komme nur in Ausnahmefällen in Betracht – etwa, wenn das Festhalten an der bisherigen Regelung für den Vermieter unzumutbar wäre. Hierzu habe die Klägerin aber nichts Überzeugendes vorgetragen. Das Argument, der Personenschlüssel sei schwer zu handhaben, überzeuge nicht, da der Vermieter diesen Schlüssel weiterhin bei anderen Kostenpositionen (z. B. Gebäudereinigung) verwendet habe.

Der Mieter durfte deshalb die Abrechnung eigenständig kürzen.

Praxishinweis

Der Vermieter kann den Umlageschlüssel für Betriebskosten nicht beliebig ändern, sobald er ihn einmal angewendet hat. Der bei der ersten Abrechnung verwendete Schlüssel gilt als vertraglich festgelegt und ist damit verbindlich. Eine Änderung ist nur mit Zustimmung des Mieters oder bei unvorhersehbarer Unzumutbarkeit (§ 313 BGB) möglich. Die Ausnahme gilt lediglich für verbrauchsabhängige Kosten (§ 556a Abs. 2 BGB), z. B. Wasser oder Heizkosten, sofern sich die Verbrauchserfassung ändert. Ohne besondere Vereinbarung ist der gesetzliche Standardmaßstab der Wohnfläche (§ 556a Abs. 1 BGB).

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